DICHTERKREIS JAGDLYRIK

Für Walter Heil, den verstorbenen Jagdfreund
Cäcilia Höferer   

Das Echo trägt, was er begonnen 
Im Vers, im Horn, im Morgenrot 
Ein Dichter, Jäger stets besonnen 
Lebt weiter dort, wo Schweigen lohnt.

Die Waldohreule 
Alfred Bruske


Sie ist einer der Geister der Nacht, 
deren weiches Gefieder sie lautlos macht. 
Mit ihren Augen durchdringt sie die dunkelste Nacht. 
So manche Maus, die das Tageslicht scheute, 
wurde für sie zur sicheren Beute.

Die Jägerin spricht 
Zora Anita Debrunner    


Ich geh nicht mit Hörnern, ich geh mit Gefühl, 
mein Schritt ist bedacht, nicht auf Trophäen-Ziel. 
Ich kenne die Fährte, die flüchtige Spur, 
und manchmal, da lauscht mir die Seele der Flur.   

Ich trage kein Wams aus gedrucktem Respekt, 
mein Wissen ist leise, nicht markiert, nicht geleckt. 
Ich dichte nicht nebenbei, wenn der Abend sich neigt – 
ich dichte, weil Stille im Innern sich zeigt.   

Denn wer zwischen Schatten und Atem verweilt, 
weiß: Jagen ist mehr als das, was man feilt. 
Ein Blick, eine Nähe, ein Kuss ohne Wort – 
die jagende Gilde ist auch Frau – und vor Ort.

Am Nachmittag im Januar
Olivier Theobald  

Silberreiher 
am rechten Ufer, um 
die zwanzig Stück.   

Rundherum 
nur Schilf und zurück- 
gelassene Wiesen im Kreis, 
die Winterkälte verkünden.   

Auf einmal so viele? 
Aus versteckten Gründen? 
Eine Familienfeier? 
Für Spiele?   

Wer weiß –

Zum Gebet 
Stefan Renner
 

Mitten im Weinberg steht ein Gotteshaus,
die Jäger fahren zur Treibjagd raus. 
Fasanen kreuzen der Jäger Pfad 
und streben der Kirche zu – pfeilgrad. 
Auf Kirchenasyl sind sie sicher aus.

Am Morgen 
Erwin Schwemmer 

Die Stille liegt noch über’m Hag. 
Du Morgenstund’, du heilige. 
Die Sonn’ geht auf, schon ist es Tag. 
Da geht sie hin, die eilige. 
Ein letzter Blick in das Gelände. 
Vorbei das schöne Wochenende. 
Heimwärts der Schritt. 
Sehnsucht geht mit. 

Wald 
Bruno Maurer   

Suchend die Ruh, 
müde Augen, 
erblicken den Wald. 
In seinem Schutze, 
fühlst du,  
getragene Stille, 
unbändige Kraft, 
beseelende Tiefe, 
was alsbald, 
dir zum Wohle 
und Nutze, 
Leben verschafft.

Jägers Anklage 
Hans H. Milles    

Geliebter Wald,
Wer, frag ich, hat’s den Frevlern erlaubt, 
Die dich deines Glanzes so arg beraubt? 
Durch Gier und Unvernunft geschunden, 
Wo einst in dir ich Glück gefunden! 
Was bleibt von all der Zauberpracht,                 
Die du den Treuen zugedacht? 
Verblasst zwar Zuversicht und Freud, 
Mein Abschiedsgruß? Wohl nicht mehr weit!               
            Doch … 
Möcht ich ein Stück deiner Wege noch gehn,      
Sag, wirst es du mir zugestehn?  

Apfelbaumkanzel 
Heribert Theis   

Es wär ein rechter Jägertraum 
Die Kanzel unterm Apfelbaum 
Unter Blättern gut verborgen 
Kann sie für gute Deckung sorgen 
Weil der Jäger, gut versteckt 
Wird vom Wilde kaum entdeckt   

Und wenn der Herbst die Zeit regiert 
Und der Baum ist reich geziert 
Mit Äpfeln, knackig, frisch im Biss 
Dann ist dem Jäger stets gewiss 
Er muss bei langen Ansitzzeiten 
Sicher keinen Hunger leiden   

Doch gilt es darauf hinzuweisen 
Immer sachte zuzubeißen 
Ein Knackgeräusch der Baumesfrucht 
Treibt das Wild sofort zur Flucht.

Jagdkameradschaft 
Ottokar Wagner 
   

Was gibt es Schöneres beim Jagen, 
als jemand, der sich mit dir freut, 
der aber auch an dunklen Tagen 
für dich ein Seelentherapeut.   

Das Größte ist im Jägerleben 
Ein echter Freund, der ohne Neid, 
der, wenn gebraucht, hilfreich daneben, 
dir schenkt ein Stück Besonnenheit.   

Doch eines solltest du beachten: 
Was für ihn gilt, gilt auch für dich! 
Um Kameradschaft zu betrachten, 
kommt erst das Du und dann das Ich.

Jagdfreude 
Marcel Notter    

Steht der Mond am Firmament, 
Das umspannt das Erdenrund, 
Des Jägers Herz freut‘s permanent, 
Trifft den Hirsch auch dank dem Hund.

Letztes Licht 
André Knipp   

Das Land verstummt im Abendschein, 
zum Schlafen ziehen Vögel in die Bäume, 
der blaue Tag taucht rot ins Reich der Träume, 
von Nacht getragen will das Leben sein.   

In dieser Welt aus goldenem Licht 
mir zu die innre Stimme spricht: 
„Was jagen noch in diesem Frieden?“ 
Mich für den Hahn in Ruh entschieden.

Mein Hund ist nicht mehr 
Hermann Knoblich

Jetzt, wo du nicht mehr da bist, 
spür ich, spüren wir dein Fehlen. 
Schnell, all zu schnell gings für uns beide, 
nein für uns alle. 
Es war klar, in jedem Falle, 
du sollst nicht leiden, 
du sollst dich nicht quälen. 
Dein Tod, deine Krankheit, 
wir mussten handeln, 
wir konnten nicht wählen.   

Jetzt, wo deine Jagd vorbei ist, 
denk ich ans Jagen, 
über die Jahre und bis in den letzten Tagen, 
bei Regen und Schnee ans Entenjagen. 
Dein Suchen, Finden und Apportieren, 
immerzu eifrig ohne jemals zu klagen.   

Jetzt, wo wir dich gefühlt überall spüren, 
überall sehen, auf deinen Lieblingsplätzen 
in der Küche, im Flur, 
erinnern uns Geräusche und auch Gerüche 
an deine durch unser Leben gezogene Spur.   

Nur wer es selbst erlebt hat, 
wie schwer dies Fehlen, 
wie groß die Lücke 
in unserem Leben ist, 
versteht, wie sehr man so einen 
wie dich vermisst.

Winter adé 
Christian Knopf     

Nun sind erneut die Winterschläfer, 
und manche scheinbar über Nacht, 
zum Beispiel die Marienkäfer, 
ausgangs des Winters aufgewacht,   

beginnen, froh herum zu tanzen, 
was man vormals erst später sah. 
Nicht nur die Käfer. Kiefernwanzen 
sind ebenfalls schon wieder da.   

Wir wissen es: Die Tiere sitzen 
in dieser unwirtlichen Zeit 
verborgen, meist in Mauerritzen, 
bevorzugen die Dunkelheit.   

Doch jetzt, seit ca. ein, zwei Wochen, 
seh'n wir sie, zwar noch nicht zuhauf, 
aus dem Versteck heraus gekrochen. 
Folgt alles dem normalen Lauf,   

dann werden bald die Vögel brüten, 
und deren Schutz gilt ja ab März, 
um alle Arten zu behüten. 
Dann geht es wieder sommerwärts.

Ein Gedeck 
Stefan Schulze Beiering   

Ich schau vom Sitz herunter, 
wo Hasen jung und munter 
auf gelben Weizenstoppeln 
wohl lauschen oder hoppeln.   

Ich schau vom Sitz herauf, 
da fliegt die Taube auf. 
Und eine Ente streicht 
vorüber ziemlich seicht.   

Ich schau vom Sitz zur Seite, 
da steht aufmal in Breite 
ein Kitz auf zwanzig Schritt 
und ganz vertraut damit.   

Jetzt zieht es von mir weg.
Die Jagd ist ein Gedeck! 
Ich sitze hier zu Tisch, 
verwöhnt und wählerisch.

Der alte Jäger 
Peter Wilz

Ein kleines Schild: „Still hunting strong!“, ziert mir mein Jägerzimmer,
bin nun schon über 80 Jahre alt, aber jagen lieb ich noch immer.
Mein trautes Weib lamentiert ab und zu: „Jetzt hör doch endlich auf! 
Du hast genug erlegt und erlebt, lass dem Wild nun seinen Lauf!“ 
Die heftigen Zeiten, die sind vorbei, ich genieße das Jagen im Alter,
meine Kinder aber unterstützen mich, das sind die rechten Stammhalter.
Besonders die Enkel fordern mich, die wollen mit ins Revier, 
alles im Wald, das lieben sie sehr, so gefallen die Fünfe mir. 
Und mach' ich dereinst die Augen zu, dann werden sie sicher sagen:
„Bei Opa war's cool, ein rechter Kerl, wir fangen jetzt auch an zu jagen!“

Der Jäger „Robot“ 2.4 
Walter Heil

Der Jäger „Robot“ 2.4 
sorgt für den Abschuss im Revier. 
Er jagt nicht wie die Alten sungen, 
dieses Lied ist nun verklungen.   

Seine KI ist programmiert, 
so dass es bestens funktioniert. 
Sein Akku reicht für 14 Tage 
alles bestens ohne Frage.   

Ausgestattet mit Sensoren 
für Rundumaugen, Rundumohren, 
für Nachtsicht und Bewegungsmelder,
für alle denkbaren Anwendungsfelder.   

Nur eines hat er nicht gelernt,
weil auch vom Nutzer nicht bestellt, 
das ist die Liebe zur Natur, 
Freude am Jagen in Wald und Flur.  

Ansitzgedanken bei der Eichenkanzel 
Hubert Schupp      

Die alte Eiche am Waldesrand, 
mächtig beschirmt sie den Jägerstand.   

Wie viel doch beim Ansitz ich dort schon empfand!   

Ihre Wurzeln tief ins Erdreich gesenkt, 
sie unseren Blick demutsvoll auf sich lenkt. 
Leise flüstert sie im Wind dem, der's hören will, 
hör mir zu, mein Kind:   

's ist so viel unter mir gestanden und gegangen, 
Liebschaft, Freude, Trauer und Bangen. 
Drum wisse um die Vergänglichkeit,
sei achtsam, träume und lebe heut. 
Jeder Tag ist ein Geschenk, 
nimm ihn an, wie er ist, 
der du ein Teil unserer Schöpfung bist.